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Frugalismus als Lebensphilosophie: mehr ist als nur ein Sparplan

Frugalisten

Frugalisten sind Menschen, die mit einer Sparquote von teilweise deutlich über 50% ihrer Einnahmen dafür sorgen wollen, möglichst zeitig in quasi selbst finanzierte Frührente zu gehen. Wie das funktioniert und was diese Menschen möglicherweise antreibt – darum soll es heute gehen.

Warum machen Menschen das? Frugalisten werden?

Die Gründe sind zwar recht vielfältig, aber eines haben alle gemeinsam: 40 Jahre arbeiten, 8 Stunden am Tag und freitags auf allen vieren aus dem Büro kriechen um dann mit einer kleinen Rente abgespeist zu werden kommt für sie nicht in Frage. Soweit sehr verständlich.

Letztlich ist Frugalismus für mich die konsequente Umsetzung (bzw. eine Möglichkeit dazu) dessen, was so viele immer wieder sagen: Geld macht nicht glücklich, Arbeitszeit ist Lebenszeit, warte nicht darauf, deine Träume zu verwirklichen. Und wie viele von denen, die das schon verstanden haben, gehen trotzdem Vollzeit arbeiten? Die meisten.

Wenn man nicht gerade das Glück hat, mit 18 zufällig die Berufung seines Lebens gefunden zu haben bestehen die folgenden Jahre für viele Menschen aus „aushalten“. Weil sie – verständlicherweise – Angst haben, etwas radikal zu ändern. Und das ist der große Vorteil der Frugalisten: Es muss gar nicht so radikal sein. Man kann mit kleinen Schritten anfangen und dann immer weiter seine Komfortzone erweitern.

Wie wird man Frugalist?

Indem man einfach anfängt. Ausgaben zu hinterfragen und sich grundsätzlich der Möglichkeit öffnen, dass man seine Finanzen vielleicht doch nicht so gut im Griff hat, wie  man immer dachte.
Ich habe BWL studiert und war der festen Überzeugung, finanziell recht effizient zu leben. Als ich angefangen habe mich verstärkt mit Frugalismus zu beschäftigen musste ich aber einsehen, dass auch mein Verhältnis zu Geld ausbaufähig ist 😀 Unterstützt dabei hat mich mit Sicherheit auch mein Partner, der gebürtig aus Baden-Württemberg kommt und dem das Frugalist sein damit quasi schon fast in die Wiege gelegt wurde :).

Frugalisten versuchen im Grunde, durch clevere Ideen, ein bisschen Vorausplanung und auch durch Disziplin, ihre Ausgaben zu reduzieren ohne dabei zu sehr auf Lebensqualität zu verzichten. Je nachdem wie „extrem“ Menschen dieses Modell leben, können sie so zwischen 50 und 75% ihrer Einnahmen sparen. Kluge Anlagemöglichkeiten und Entnahmepläne sichern dann die Weiterführung nach der Sparphase ab. ETFs sind eine ganz große Sache unter Frugalisten, weil sie die langfristige und relativ risikoarme Partizipation am Wachstum eines ganzen Marktes abbilden und relativ günstig im Unterhalt sind.

Ich habe mich bei meiner ETF-Anlage für Ginmon entschieden, weil es dort preislich recht ok ist und Ginmon mit einem intelligenten Algorithmus automatisiert das Portfolio zusammenstellt. In den letzten Jahren war das recht erfolgreich. Solltest du dich auch dafür entscheiden gibt es über diesen Link 50€ Startguthaben: www.ginmon.de. Und für mich auch eine Belohnung – win-win sozusagen 🙂

Die Mittel und Wege um Geld zu sparen sind im Grunde recht einfach – aufs Auto verzichten, lieber in einer kleinen Mietwohnung leben als im großen Einfamilienhaus, Urlaube frühzeitig planen, insbesondere laufende Fixkosten im Blick behalten – sowas.

Rechenbeispiele von Frugalisten

Am beeindruckendsten finde ich die Rechnungen, die bei den Frugalisten häufig angestellt werden. Auf einem deutschen Frugalisten Blog habe ich mal die 300€-Regel gelesen. Nach dem Sparplan den der betroffene Frugalist hat, sichern 300 nicht ausgegebene Euro heute 1€ pro Monat in der Entnahmephase. Das bedeutet, jedes Mal wenn ich heute 300€ anlege statt sie auszugeben, habe ich 1€ mehr „Rente“. Von solchen Rechenmodellen gibt es noch mehr. Beispielsweise die 752 und die 173-Regel. Das sind die Faktoren, mit denen wöchentliche und monatliche Ausgaben multipliziert werden, um die ausgegebene (oder gesparte) Summe nach 10 Jahren inkl. Zinseffekt zu errechnen. Wenn du 4 Mal pro Woche morgens für 3€ einen Kaffee beim Bäcker kaufst sind das 12€ pro Woche. Das macht (12€*752) gleich 9.024€ in 10 Jahren, die du mehr für das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit hättest. Bei einem Zeitschriftenabo von 20€ im Monat wären das (20*173) nochmal 3.460€. Ganz beträchtliche Sümmchen also für Kaffee und Zeitungen – in nur 10 Jahren. Meistens behält man solche Gewohnheiten ja sogar deutlich länger bei.

Was spricht dagegen, Frugalist zu werden?

Grundsätzlich natürlich erstmal gar nichts. Für mich ist die Frage, ob es überhaupt erstrebenswert ist, so sehr auf Ausgaben zu schauen, dass ich mit 40 nicht mehr arbeiten muss. Das bedeutet ja, dass ich eine Tätigkeit habe, die ich so abscheulich finde, dass ich sie möglichst schnell loswerden muss. Da gibt es auch noch andere Stellhebel außer Geld 😉 Und es gibt einige Dinge auf die möchte ich auch nicht verzichten, z.B. ca 1 mal pro Woche in dem veganen Restaurant gegenüber zu Essen. Das ist einfach schön.

Der Gedanke, auf kleinerem Fuß zu leben um mehr beiseite zu legen ist für mich trotzdem sinnvoll. In einem anderen Blog habe ich mal von einem „Fuck off“-Konto gelesen. Ein Konto, auf dem mindestens 10.000€ liegen sollten (abhängig von den eigenen Fixkosten), damit man jederzeit die Freiheit hat einen Job hinzuschmeißen, den man nicht mehr mag. Das finde ich auch sehr nachvollziehbar. Die Sicherheit, eine Weile ohne Einkommen überleben zu können ist viel Wert.

Und eine andere Sache verändert für mich den Blick auf Frugalisten auch nochmal: Es gibt immer das Argument, dass Frugalisten ja nicht nur jetzt ständig sparen „müssen“, sondern dann auch den Rest ihres Lebens. Das ist so natürlich nicht ganz richtig, denn finanzielle Unabhängigkeit bedeutet ja nicht, dass nie wieder auch nur ein Euro an Einkommen generiert werden muss. Das bedeutet erstmal nur, dass es nicht unbedingt sein muss. Mit irgendetwas verbringt der Mensch seine Lebenszeit ja immer und es kann ganz unbeabsichtigter Weise passieren, dass man Geld verdient, wenn man seiner Leidenschaft folgt 😀 Das ist wiederum eine schöne Vorstellung, dass jedes Einkommen, was ab dem Zeitpunkt der Unabhängigkeit generiert wird, quasi zusätzlich ist und nicht für die Existenz benötigt wird.

Wie funktioniert das mit Kindern oder einem recht geringen Einkommen?

Ein häufig gehörtes Argument ist, dass solche Konzepte ja wohl kinderlosen Besserverdienern vorbehalten sind. Das mag auf den ersten Blick auch so sein. Auf den Zweiten Blick ist das aber gar nicht so weit hergeholt.

Frugalismus mit Kindern ist in meinen Augen sehr machbar. Klar wird die Sparrate für einige Jahre niedriger sein als ohne Kinder, aber gerade die kleinen Menschen sind ja eigentlich recht genügsam, wenn Eltern das vorleben und viel mit den Kindern unternehmen. Und je nachdem in welcher Nachbarschaft man wohnt gibt es ja auch mehr und mehr Eltern, die nicht mehr die neueste Designerkleidung kaufen oder jedes Jahr ein neues Handy. Herausforderung ja, aber auch machbar denke ich.

Das schwierigere Thema ist eher das geringe Einkommen. Klar, wenn ein Friseurmeister mit 1000€ netto klarkommen muss ist es schwer, davon auch noch etwas zu sparen. Das wird interessanterweise auch wenig thematisiert in den einschlägigen Blogs. Tatsächlich habe ich im privaten Umfeld die Erfahrung gemacht, dass viel Unwissenheit rund um Geld-Themen herrscht, leider insbesondere bei den Menschen die nicht so viel verdienen. Gerade da lohnt es sich, genauer draufzuschauen. Viele machen beispielsweise nicht mal eine Steuererklärung, obwohl sie einiges zurück bekämen. Deswegen würde ich sagen, dass bei den meisten Menschen unabhängig von der genauen Höhe des Einkommens noch finanzielles Potential ist, was ausgeschöpft werden kann.

Wer sind die bekanntesten Frugalisten und wo gibt es mehr Infos?

Wenn du jetzt ein bisschen angefixt bist, empfehle ich dir den bekanntesten deutschen Blog zum Thema www.frugalisten.de von Oliver, der im Übrigen mittlerweile ganz in meiner Nachbarschaft wohnt :D.

Begonnen hat dieser Trend ungefähr 2011 durch den amerikanischen Blogger Mr. Money Moustache. Er ist mittlerweile längst finanziell unabhängig – wobei er das sicher auch durch seinen Frugalisten-Blog geworden ist.

Ein sehr schönes Buch ist „Ich gönn mir Freiheit – wie genügsamer Konsum zu weniger Arbeit und mehr Freizeit führt“ von Patrick Hundt, dem Blogger hinter dem auch sehr empfehlenswerten Healthy Habits Blog.

So what – Frugalisten?

Ich bin Teilzeit-Frugalist ohne ganz konkreten Spar- und Entnahme-Plan. Aber genügsamen Konsum zu praktizieren halte ich nicht zuletzt auch aus Gründen der Nachhaltigkeit für sehr sinnvoll. Und das ist, worum es für mich letztendlich geht. Wie streng und extrem das jeder lebt ist ja erstmal zweitens. Aber im Bewusstsein zu haben, dass es Lebensentwürfe gibt die nicht vom Renteneintritt mit 67 ausgehen ist etwas sehr wertvolles. Hierzu empfehle ist auch das Buch „5 Dinge, die Sterbende bereuen“ von Bronnie Ware. Da steht nirgendwo „Ich hätte mehr Geld ausgeben sollen“ :D. Es kann ein guter Startschuss sein, mal über den eigenen Lebensstil nachzudenken.

Was denkst du darüber? Habt ihr auch ein Wohnmobil und wart damit schonmal länger unterwegs? Was habt ihr an Gegenständen, die ihr nicht mehr missen wollt? Habt ihr Erfahrungen, an denen ihr mich und uns teilhaben lassen möchtet? Ich bin sehr gespannt auf deine Meinung, entweder in den Kommentaren oder an luise@zeitgeistich.de! Und wenn du den Artikel magst – spread the love and share the happiness (auf Facebook, X oder wo du sonst bist). Ich danke dir von Herzen.

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Titelfoto von Melissa Walker Horn auf Unsplash

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