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Minimalismus als Lebensstil: Die Kunst des Weglassens im Wohnraum und im Kopf

Vogel auf Ast - Minimalimus

Minimalismus ist gerade total im Trend. Minimalistisches Wohnen kann man mittlerweile selbst im Ikea-Katalog bestaunen. Es ist die neue Art, hip und cool zu sein. Einerseits freut mich das, weil es mir einfach angenehm ist wenn nicht alles vollgestellt ist. Andererseits weckt es in mir die Sorgen, dass der eigentliche Kern der Sache verloren geht. Was der für mich ist möchte ich heute mit euch teilen.

Minimalismus und Gegenstände

Ich glaube, dass Dinge aus dem eigenen Umfeld zu entfernen – den Bücherschrank auszuräumen, den Kleiderschrank oder diverses ungenutztes Küchenquipment – ein guter Weg ist, zu starten. Es gibt gleich sichtbare Unterschiede und es ist verhältnismäßig einfach. Deswegen ist die Reduktion von Gegenständen eine durchaus wertvoll Art, Minimalismus auszudrücken und ich lebe sie auch. Und dennoch ist es nur eine von vielen. Oft ist ja unser Wohnumfeld auch ein Spiegel dessen, was gerade in unserem Kopf vor sich geht. Julia Engelmann sagt im „schlechtestentestesten Tag“: „Das Chaos in mir und das um mich habe ich allein gemacht“.

Wie unser Umfeld aussieht zeig also vor Allem, wie aufgeräumt viele andere Bereiche unseres Lebens sind. Einige Folgen jetzt, andere habe ich sicher vergessen. Ihr dürft ergänzen 🙂

Minimalismus und der Terminkalender

Hier habe ich meine größte Baustelle. Ich will immer alles machen, überall dabei sein, 3 Geburtstage in 3 Städten in ein einziges Wochenende quetschen. Und ziemlich oft beweist mir das Leben, dass das nicht geht. Es gibt Monate, da bin ich kein einziges Wochenende zu Hause und danach meistens krank.

Also: Was will ich wirklich tun? Was gibt mir Kraft und macht mir WIRKLICH Freude? Wo gehe ich nur aus Verpflichtung hin (muss ausnahmsweise auch manchmal sein)? Wo gehe ich aus Angst hin, etwas zu verpassen? Und wie verbringe ich eigentlich meine Zeit, wenn der Terminkalender leer ist?

Mittlerweile versuche ich, mich stärker zu fokussieren. Ich sage grundsätzlich nichts mehr sofort zu (außer es ist Muttis Geburtstag oder andere Selbstverständlichkeiten). Ich lasse mir Zeit und plane ganz bewusst Zeit für mich ein. Denn für mich ist klar, dass „alles machen wollen“ auch ein Zeichen dafür ist, dass man eigentlich gar nicht weiß was man wirklich machen will. Sonst würde man ja das tun und nur das. Zeit ist genug da, man darf sie nur eben nicht mit allerlei Beschäftigung vollstopfen.

Minimalismus und die Freundesliste

Puh… schwieriges Thema. Dazu will ich vielleicht mal noch einen separaten Artikel schreiben. Es gibt so unfassbar viele Menschen in einem Leben. Familie, je nach Größe. Arbeitskollegen. Sportskameraden. Schulfreunde von früher. Hunde-Bekanntschaften wenn man einen Hund hat. Sonst eben andere Hobbys. Tinder-Dates. Nachbarn. Und all das nicht nur aus dieser Zeit, sondern auch noch aus früheren Lebensabschnitten, je nachdem wie viel Lebensabschnitte man schon hatte.

Ich habe aktuell 324 Kontakte in meinem Handy. Klar, davon sind nur ein Bruchteil Leute, mit denen ich regelmäßig Kontakt habe. Dennoch sind es 324 Leute, die ich potentiell jederzeit anrufen könnte. Und wenn ich da so durchscrolle beschleicht mich oft das Gefühl von „aaah, den wolltest du auch mal wieder besuchen, ihr schreiben, und die haben ein Kind gekriegt“ – ich schaffe das nicht. Es stresst mich. Nicht sehr, aber stetig. Also – was tun?

Ich versuche ganz bewusst, Menschen aus meinem Leben auch wieder gehen zu lassen. Und mich auf diejenigen zu fokussieren, die ich wirklich, wirklich gerne mag. Diejenigen, bei denen ich nach einem Besuch, Abendessen oder Kaffee trinken nach Hause gehe und denke „ja, was ein schöner Tag, was für eine schöne Welt und danke, dass ich hier sein und diesen Menschen kennen darf“. Sie sind Energiequellen für mich (und ich hoffentlich auch für sie). Die, auf die ich mich wirklich freue. Und bei denen ich traurig bin, wenn sie ins Ausland gehen oder auch nur in eine andere Stadt.

Wenn ich das bei Menschen nicht empfinde, dann ist es eine harte Entscheidung und nicht immer leicht, aber dann brauche ich sie nicht treffen. Wichtig für mich ist, dass ich das im Frieden tue. Es geht nicht darum jemanden doof zu finden und deswegen zu „verbannen“. Es ist völlig normal dass man mit manchen Menschen besser kann und mit anderen nicht. Das macht weder mich noch den anderen zu einem weniger wertvollen Menschen, wenn man sich nichts zu erzählen hat und sich nicht von Herzen gut tut. Aber es stresst uns beide weniger, wenn dieser Termin dann nicht im Kalender steht 🙂 Und damit tun wir uns am Ende doch wieder Gutes.

Minimalismus und der Laptop… 😀

Getragene Schuhe rauszuschmeißen ist das eine, aber ungesehene Fotos zu löschen das andere. Ich habe im Moment 103 ungelesene Emails, das meiste davon ist vermutlich Werbung. Ich müsste mich mal aus diversen Newslettern austragen. Mal die Fotos durchschauen nach denen, die wirklich sehenswert sind. Das kostet alles wahnsinnig viel Zeit und ist nicht so schnell sichtbar. Auf der anderen Seite weiß ich, dass sich in dieser kleinen hellgrauen Kiste auf meinem Schreibtisch eine Art digitale Wohnung befindet, die wahnsinnig chaotisch ist. Einen neuen Laptop zu kaufen (wenn das eh dran ist und der alte nicht reparabel) ist da eine gute Gelegenheit, nur die Dinge mitzunehmen die man wirklich braucht.

Wobei Dateien ja nur das eine sind, auch die vielen Profile in irgendwelchen Onlineshops und sozialen Netzwerken fordern von Zeit zu Zeit Aufmerksamkeit. „Passwort vergessen“ ist nicht so unwahrscheinlich bei den gefühlt 1.734 Websites, bei denen ich irgendwie einen Account habe. Und das kostet Energie, nur kurz, nur wenig, aber stetig.

Digitale Fotos fressen keinen Platz und kein Geld, aber Energie im Kopf. Weil wir wissen, dass sie da sind. Ganz hinten in einer Ecke unseres Hirns nehmen die nämlich doch Platz weg.

Ich arbeite dran 😀 Und du?

Minimalismus und das Konto

Einer der netten Nebeneffekte eines minimalistischen Lebens ist, dass am Ende des Monats oft mehr Geld übrig ist. Man gibt weniger für Unfug aus, kauft seltener neue Klamotten und wenn, dann so nachhaltig dass die wieder 5 Jahre halten. So weit, so gut. Beim Konto geht es mir persönlich allerdings gar nicht darum, dass da möglichst viel Geld drauf ist und möglichst wenig runter geht, sondern eigentlich geht es mir darum, dass dort möglichst wenig Bewegung ist, unabhängig von deren Höhe.

Ich habe schon vor einigen Jahren eine Liste gemacht, was wann abgebucht wird. Damit ich alles, was nicht monatlich abgebucht wird (z.B. Autohaftpflicht 1x pro Jahr) besser im Blick habe. Das waren einfach sehr viele Zeilen in meiner Liste. Zeitschriftenabo da, Netflix dort, Sportverein hier, Handyabrechnung, Versicherungen und und und… ihr kennt das. Mein Ziel war also zunächst, nicht die Summe der Abgänge zu reduzieren sondern die Anzahl der Zeilen.

Meine Zeitschriftenabos habe ich gekündigt, weil ich es eh nicht geschafft habe alles zu lesen und dann zu Hause ein mahnendes Denkmal ungelesener Zeitschriften lag – Stress. Unterschwellig, unwesentlich, aber vorhanden. Und wenn mich was wirklich interessiert, kann ich die meisten Zeitungen entweder im Laden kaufen oder gebraucht bei Ebay.

Ähnlich bin ich dann mit verschiedenen nicht wirklich notwendigen Versicherungen umgegangen, habe HelloFresh und Bloomon gekündigt (dazu kommt mal irgendwann noch ein eigener Artikel) und so weiter. Zum Thema Versicherungen findest du hier einen Artikel, der dich vielleicht interessiert: Haftpflichthelden. An den meisten Abbuchungen hängt ja nicht nur Geld, sondern auch ein Vertrag mit Kündigungsfristen etc. Mir macht das Ruhe im Kopf, weil ich weiß dass nur noch das notwendigste auf meinem Konto passiert und ich viel eigentlich unnötiges nicht mehr im Blick haben muss.

So what?

Die Frage, die man sich ja stellen darf ist: Warum Minimalismus? Warum willst du Dinge loswerden? Für mich ist die Antwort klar: es erlaubt den Fokus aufs Wesentliche – in allen Bereichen des Lebens. Ich muss erstmal mein Leben von allem Alten entrümpeln, mir dann aber auch Gedanken machen was an die Stelle rücken darf. Ein konsequent gelebter Minimalismus schafft viel Freiraum – in der Wohnung, im Terminkalender und im Kopf. Wie nutze ich das? Dafür gibt es keine Anleitung, es ist wohl eine der schwersten Aufgaben in unserem Leben. Was will ich wirklich?

Diese obige Liste könnte man sicher noch um viele weitere Themen ergänzen. Für mich ist Minimalismus vor Allem ein aufgeräumter Kopf. Dem kann man ein Stück weit durch äußere Einflüsse auf die Sprünge helfen, allerdings ist der effektivere Weg eigentlich anders herum. Wenn ich viel meditiere, sehr nah an mir und meinen Bedürfnissen bin, weiß was mir wirklich wichtig ist, dann kommt der Rest ganz von alleine.

Was denkst du darüber? Ich freue mich auf deine Kommentare und Emails an luise@zeitgeistich.de!

Und wenn du den Artikel magst – spread the love and share the happiness (auf Facebook, Twitter, G+ oder wo du sonst bist). Ich danke dir von Herzen.

Quelle Titelbild: unbenannt von Louise Leclerc auf flickr.com

Kategorie: Seelenleben.

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Ich bin Luise und Bloggerin aus Leidenschaft. Ich liebe Fahrrad fahren und Mittagsschlaf. Ich lebe für Liebe, Wärme, Licht und Farben. Und dafür, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Es ist meine tiefste Überzeugung, dass mit ein bisschen mehr Selbstliebe in jedem von uns die Welt ein noch schönerer Ort wird. Also, lasst uns anfangen :)

2 Kommentare

  1. Liebe Luise,

    Deine Beiträge lesen sich sehr herzlich, dafür schon mal ein ganz liebes Danke an Dich.

    Was den Minimalismus betrifft, bin ich noch Neuling. Seit einigen Wochen bzw. wenigen Monaten lese ich immer wieder Beiträge, schaue Videos bei YouTube darüber und habe Magic Cleaning regelrecht gefressen, als es ankam.

    Dieses ‚zu viel von allem‘ schlägt mir immer dann richtig ins Gesicht, wenn ich Beiträge wie diesen hier lese. Bei Deiner Aufzählung (Freunde & Bekannte, Gegenstände, Kontobewegungen) kam mir direkt in den Sinn, dass mich auch so enorm viel stört. Ich versuche auch irgendwo einen Anfang zu finden (im März geht es in eine neue Wohnung), aber das gestaltet sich schwierig, da ich irgendwie das Gefühl habe, in einer Art Paradoxon mit mir selbst zu leben. Es ist zu viel von allem da, aber von einigem kann, möchte und darf man sich nicht trennen. Letzteres gilt besonders für irgendwelche Schriftstücke, da man in unserem Land ja alles und jedes belegen muss.

    Aber ganz gleich wie viel ich lese und mir auch über das Thema Minimalismus anschaue, eines bleibt immer gleich: Zu sich selbst finden zu müssen, wenn man etwas ändern will. Ich denke, das fällt mir am schwersten. Ich weiß gar nicht, woran ich überhaupt Spaß habe (dazu sei gesagt, dass ich seit Jahren mit Depressionen und Ängsten zu tun habe), oder was ich eigentlich erreichen will. Irgendwie fürchte ich mich auch davor, es nie herauszufinden, weshalb ich allein den Versuch von Meditation, o.ä. meide, denn es könnte ja ohne Resultat ausfallen. Paradox, nicht? 😀

    Dennoch – oder gerade deshalb – möchte ich Dir für besonders diesen Beitrag hier danken. Weil er sich so positiv liest und ein Anreiz ist, es trotzdem zu versuchen.

    Ganz liebe Grüße
    Gia

    • Luise sagt

      Hallo liebe Gia,

      ich danke dir ganz herzlich für deine Gedanken! Es freut mich, dass der Artikel dir doch irgendwie weiterhilft.

      Es freut mich zu lesen, das du mit einer neuen Wohnung schon einen Anfang geschafft hast. Vielleicht schaffst du es ja, dich mehr auf all die Dinge zu konzentrieren die du schon bewältigt hast (Wohnung, Beiträge lesen, Magic Cleaning lesen und es gibt sicher noch einige mehr) und weniger auf den Berg zu schauen, der noch vor einem liegt (das kenne ich nämlich sehr gut). Geduldig mit sich selbst zu sein und gut für sich zu sorgen ist so wichtig und wir sind immer so streng mit uns selbst. Ganz der Reihe nach und Stück für Stück, dann findet sich alles. Wir sind auch genauso wertvolle Menschen, wenn wir chaotisch sind, ein bisschen verpeilt und öfter auch mal nichts auf die Reihe kriegen. Das ist total ok 🙂 Wir brauchen ja keine Antworten für den Rest unseres Lebens sondern jetzt erstmal für heute 🙂 Und morgen für morgen.

      Ich wünsche dir ein entspanntes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein lebendiges, neues Jahr mit vielen wertvollen Begegnungen und Erfahrungen!

      Von Herzen alles Liebe für dich!

      Luise

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