Seit anderthalb Jahren sind wir stolze Besitzer einer Wurmkiste – einer Familienwurmkiste, um genau zu sein. Anfangs war die Idee vor allem, unseren reichlichen Biomüll eines 4-Personen-Haushaltes nicht mehr drei Stockwerke runter tragen zu müssen sondern auf dem Balkon zu kompostieren. Gleichzeitig wollten wir den Kindern ein Stück Natur und das Prinzip von Kreisläufen näherbringen. Mittlerweile haben wir jedoch gelernt, dass das Leben mit einer Wurmkiste auch seine Tücken hat.
Unser Wurmkisten-Alltag
Die Wurmkiste steht überwiegend auf unserem Nordbalkon. Insbesondere im Sommer ist das eine große Erleichterung: Anstatt unseren Biomüll jedes Mal drei Stockwerke nach unten zu tragen, können wir ihn einfach in die Kiste werfen. Die Würmchen erledigen den Rest und verwandeln unsere Abfälle in wertvollen Wurmhumus. Besonders schön ist es, wenn wir diesen Humus dann „ernten“ und für unsere Zimmer- und Balkonpflanzen nutzen können – manchmal bleibt auch noch was für den Garten übrig.
Wenn die Tage kälter werden warten wir ab, bis alles „Getier“, was sich über den Sommer in der Wurmkiste angesiedelt hat, erfroren ist. Fruchtfliegen zum Beispiel oder Trauermücken. Da die Würmchen durchaus frostempfindlich sind und um ihnen ein möglichst angenehmes Winterquartier zu bieten, achten wir darauf, dass die Kiste in den kalten Monaten möglichst voll ist. Das gibt den Würmern genügend Material, um sich zurückzuziehen und warm zu bleiben.
Wenn die ersten frostigen Wochen vorbei sind, holen wir die Kiste allerdings ins Haus. Das ist wichtig, denn bei dauerhaft niedrigen Temperaturen würden die Würmchen auf dem Balkon nicht nur nichts mehr fressen, sondern könnten auch erfrieren.
Man kann die Wurmkiste auch dauerhaft in den Innenräumen haben, das ist bei sehr sommerlichen Temperaturen sogar einfacher, da in den Innenräumen selten über 30 Grad sind. Es gibt auch Modelle mit Sitzkissen drauf, sodass die Wurmkiste einfach aussieht wie ein Hocker. Die sind dann allerdings kleiner. Wir überlegen, ob wir perspektivisch Rollen an unsere Kiste anbringen, da die gut gefüllt doch sehr schwer ist und wir mindestens zweimal pro Jahr den Standort wechseln.
Zum genauen „wie“ gibt es richtig viele Foren und Beiträge, deswegen habe ich mir das hier gespart. Ein sehr umfangreicher und informativer Artikel kommt zum Beispiel von Shia bei Wastelandrebel.
Was darf in die Wurmkiste – und was nicht?
Die Antwort ist relativ einfach: alles, was auf den Kompost darf, darf auch in die Wurmkiste. Die Würmchen sind im Grunde rohvegan und mögen keine Zitrusfrüchte. Nichts, was gekocht oder gewürzt ist, tierische Produkte enthält oder schon gammelt. Da wir selbst überwiegend vegan leben gibt es bei uns darüber hinaus gar nicht so sehr viel Biomüll – außer vielleicht Nudeln mit Tomatensoße, die die Kinder nicht aufgegessen haben. Die müssen wir trotzdem noch runter tragen, je nachdem wie viel das ist verschwindet sowas aber auch mal mit im Restmüll, dann brauchen wir gar keinen extra Biomüll.
Bei uns kriegen die Würmchen also im Grunde eine Menge Obst- und Gemüsereste, Teebeutel und Kaffeesatz. Und einmal im Monat eine Mineralmischung, die man auch beim Hersteller beziehen kann und die wirklich lange reicht. Abgedeckt wird der Biomüll mit Hanfmatten, damit er feucht bleibt und um die Eiablage für die Fruchtfliegen zu erschweren.
Eine sehr detaillierte Futterliste gibt es beim Hersteller.
Die Herausforderungen: Feuchtigkeit, Fliegen und Pflegeaufwand
Doch das Leben mit einer Wurmkiste ist nicht immer so entspannt, wie es vielleicht klingt. Zwei Themen, die uns besonders herausfordern, sind Feuchtigkeit und Fliegen.
Es ist gefühlt egal, wie viele Papierschnipsel (die wir immer aus der Lieferung unserer monatlichen dm Bestellung nehmen und fleißig klein rupfen) wir mit dem Biomüll mit reingeben, die Kiste ist fast immer sehr feucht. Wir lüften die Kiste fast täglich, lassen sie also eine Weile offen stehen. Die Würmchen stört die Feuchtigkeit nicht, allerdings werden dadurch andere ungebetene Insekten angezogen und das Risiko für Schimmelbildung steigt.
Und obwohl wir uns auf ein paar Fliegen eingestellt hatten, mussten wir feststellen, dass Fruchtfliegen vor allem nach dem Verfüttern von Obst fast unvermeidlich sind. Sobald sie überhandnehmen, machen wir daher ein oder zwei Wochen Futterpause, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das funktioniert ganz gut. Wir haben schon eine Menge probiert – Fruchtfliegenfallen direkt in der Kiste, den Biomüll vor dem Verfüttern einfrieren und dergleichen, aber nichts führte bisher zu einer dauerhaft fliegenfreien Kiste. Außer der nächste Winter.
Die Pflege der Wurmkiste erfordert also regelmäßige Aufmerksamkeit. Es reicht nicht, einfach nur den Biomüll hineinzuwerfen und abzuwarten. Kleingeschnitten sollten die Obst- und Gemüsereste zudem auch noch sein, damit die Verwertung nicht zu lange dauert. Man muss die Kiste im Auge behalten und alle Lebensbedingungen für die Würmchen ständig im Blick haben, um eine Wurmflucht oder ein Massensterben zu verhindern. Wer daran Freude hat und das Ganze als Hobby betrachtet, wird daran sicher Gefallen finden. Aber es ist wichtig zu wissen, dass eine Wurmkiste eben auch Arbeit bedeutet und man auch einfach Verantwortung für Tierleben übernimmt, auch wenn es „nur“ Würmer sind.
Dazu passt: Lieblingsbuch: „Slow Family – sieben Zutaten für ein einfaches Leben mit Kindern“
Kosten und Nutzen der Wurmkiste – Ist es das wert?
Unsere Familienwurmkiste hat mit allem Zubehör über 500 Euro gekostet – eine nicht unerhebliche Summe. Und auch wenn sie uns dabei hilft, Biomüll zu reduzieren und wertvollen Humus zu produzieren, muss man ehrlich sagen, dass die Wurmkiste für uns auch ein Stück weit unter „Hobby“ läuft. Es ist eine Investition in Nachhaltigkeit, die jedoch mit einem gewissen zeitlichen Aufwand verbunden ist.
Für die Kinder war die Wurmkiste anfangs eine spannende Sache. Sie haben gerne dabei zugesehen, wie die Würmer arbeiten und die Reste verschwinden. Mittlerweile ist das Interesse allerdings abgeebbt, was verständlich ist. Trotzdem ist es schön, dass für sie auch durch unseren Garten die Kreisläufe der Natur eine gewisse Selbstverständlichkeit haben.
Der Gedanke der Nachhaltigkeit trägt auch zu unserer Entscheidung bei, unsere Wurmkiste zu behalten. Je weniger Biomüll abtransportiert werden muss, umso weniger CO2 verbrauchen die Müllautos. Außerdem ist die Verwertung direkt vor Ort auch noch effizienter als beispielsweise in der Biogasanlage. Wobei der CO2-Effekt besonders groß ist, wenn man mit Biomüll im Restmüll rechnet, aber da kommt der bei uns ohnehin nicht rein. Es ist sicher ein überschaubarer Beitrag, aber einer der uns Freude macht.
Für uns Stadtmenschen ist ein wenig mehr „Erdung“ auch hilfreich. Tatsächlich ist das kümmern um die Wurmkiste eines der ersten Dinge die ich gerne tue, sobald ich ein paar Minuten Zeit für mich habe. Unsere 1jährige Tochter gräbt noch nicht in den Würmchen herum, aber der 4jährige ist mit Elan dabei, wenn es heißt „Würmchen füttern?“.
Dazu passt: Ein Sofa ohne Füße – wohnen auf dem Fußboden 🙂
Fazit: Die Wurmkiste ist ein wertvolles, aber pflegeintensives Hobby
Unsere Wurmkiste ist für uns eine gute Ergänzung im Haushalt, wenn sie uns das Treppensteigen erspart und wir mit dem Humus unsere Pflanzen verwöhnen können. Doch sie erfordert auch eine regelmäßige Pflege und Aufmerksamkeit, die nicht zu unterschätzen ist. Für uns ist sie mehr als nur ein Mittel zur Müllreduzierung – sie ist ein kleines, nachhaltiges Hobby. Wenn man bereit ist, die nötige Pflege zu investieren, kann eine Wurmkiste eine wertvolle und bereichernde Erfahrung sein.
Was denkst du über die Idee einer Wurmkiste in deiner Wohnung oder auf dem Balkon? Oder hast du schon eine? Ich bin sehr gespannt auf deine Meinung, entweder in den Kommentaren oder an luise@zeitgeistich.de!
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